Die Ausstellung

„Wirklich, ich lebe in finsteren Zeiten“
Sandra del Pilar: Malerei

 

Die Ausstellung steht in einer Reihe von Präsentationen der Werke zeitgenössischer Künstlerinnen. Nach Werkschauen von Anna Franziska Schwarzbach, Margret Eicher und Doris Ziegler stellen wir 2024 das Œuvre der deutsch-mexikanischen Malerin und Post-Konzeptkünstlerin Sandra del Pilar vor, deren Werke aufgrund der weltweiten Entwicklungen heute mehr denn je traurige Aktualität und Relevanz besitzen. Mit dem brutalen Angriffskrieg Wladimir Putins auf die Ukraine haben wir seit zwei Jahren wieder Krieg in Europa und es finden nur zwei Flugstunden von Deutschland entfernt Verbrechen gegen die Menschlichkeit statt.

Trigger-Warnung Gewalt

Sandra del Pilar setzt sich in ihren Werken u. a. mit Aspekten von Gewalt und Krieg sowie Fragen asymmetrischer  Machtstrukturen auseinander. Manche ihrer Arbeiten stellen daher Szenen von Gewalt dar bzw. wecken Assoziationen an Gewalt und ungleiche Machtverhältnisse. Das Erleben dieser Darstellungen kann Betrachtende triggern und eigene schmerzvolle Erfahrungen und Erlebnisse in  Erinnerung rufen oder aktivieren.

Dies sind u. a. Themen, die Sandra del Pilar mit Blick auf die Vergangenheit ihrer beiden Heimaten – Deutschland und Mexiko – seit vielen Jahren beschäftigen. Nun sind es auch Themen unserer Gegenwart, Themen, die uns alle betreffen. Aus diesem Grund war es der Wunsch der Künstlerin, die Ausstellung mit einem Zitat aus Bertolt Brechts Gedicht „An die Nachgeborenen“ zu betiteln. Geschrieben zwischen 1934 und 1938 im dänischen Exil endet es mit den Worten: „Ihr aber, wenn es soweit sein wird / Daß der Mensch dem Menschen ein Helfer ist / Gedenkt unsrer / Mit Nachsicht.“ – einer Bitte, die heute neue Gültigkeit besitzt.

Seit 2017 thematisiert das Kunstmuseum Moritzburg Halle (Saale) als Teil der permanenten Sammlungs­präsentation „Wege der Moderne“ in einem eigenen Abschnitt die Kunst im National­sozialismus und vermittelt Wissen sowohl um die Möglich­keiten des Fort­wirkens einer modernen Bildsprache als auch das Sich-Anpassen an die diffamierende und diskriminierende Ideologie der National­sozialisten. 2024 ist vor dem Hintergrund des weltweiten Erstarkens nationalistischer und rechtsradikaler Positionen eine Ausein­andersetzung mit unserer (Kunst-)­ Geschichte wichtiger denn je.

Sandra del Pilar war bereits 2021 vom Museum Wilhelm Morgner in Soest eingeladen worden, eine künstlerische Intervention für den Umgang mit einer Porträtbüste Adolf Hitlers aus dem Jahr 1932 zu erschaffen. Entstanden war die Arbeit „Toxic Box / Receptacle for toxic culture“. Das Kunst­museum Moritzburg Halle (Saale) lud die Künstlerin ein, das 1942 entstandene Gemälde „Kampfgeist“ von Will Tschech aus dem eigenen Sammlungs­bestand zu intervenieren. Auf eindrucksvolle Weise verdeutlicht das so entstandene neue Werk „42/24: Der Schoß ist fruchtbar noch …“ die Kontinuitäten bzw. Traditions­linien zwischen national­sozialistischer Ideologie und aus ihr entlehnten Begriffen, die uns heute (wieder) begegnen.

Beide Werke sind als Interventionen in die Sammlungs­präsentation des Museums integriert.

Weitere Informationen zur Sammlungs­präsentation „Wege der Moderne“

 

Sandra del Pilar formuliert ihre aufwühlenden Sujets in einer gegenständlichen Bildsprache. Ihre Themen kreisen um die Spielarten der Macht: Macht der Deutungshoheit, Macht der Definition, Macht der Gewalt, Macht asymmetrischer Verhältnisse, Macht des Sichtbarkeitsregimes etc. Nie jedoch wird diese Macht „illustriert“, „dargestellt“ oder „abgebildet“. Immer wird sie stattdessen über die technischen Raffinessen ihrer hochkomplexen Malerei, ein von ihr entwickeltes aufwendiges Verfahren, dezidiert körperlich erlebbar gemacht. Dabei wird auch das Bild selbst als Medium und Schauplatz des „ästhetischen Ereignisses“ reflektiert.

 

Sandra del Pilar: Stb_03, 2012, aus „Anderwelt“, 2014, Öl auf Leinwand, 150 x 300 cm, Privatsammlung, Foto: Carlo Sintermann © Sandra del Pilar

„Wirklich, ich lebe in finsteren Zeiten“

Sandra del Pilar: Malerei

21.07.2024 — 13.10.2024

Kuratorin

Dr. Manja Wilkens

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