Reaktionen

In der Ausstellung „It's all about collecting …“ gab es für die Besucherinnen und Besucher die Möglichkeit, ihre Fragen, Meinungen und Anmerkungen rund um die Themen der Ausstellung auf großen Feedback-Stelen zu hinterlassen. Insgesamt haben uns über 140 Reaktionen erreicht. Auf dieser Seite finden Sie eine Auswahl der positiven, aber auch kritischen Rückmeldungen.

Einen Teil des Feedbacks möchten wir nicht unkommentiert lassen. Lesen Sie unsere Antworten, indem Sie auf die roten Kreuze klicken.
 

Impliziert die Frage „Was sammelst du?“ nicht, dass es sich bei dem kolonialen Sammeln eben wirklich um harmloses Sammeln und nicht, wie eindeutig belegt, um gewaltvolle Diebstähle handelt?!

Unsere Antwort:

Genau diese Frage haben wir uns auch gestellt. Die Art der Aneignung geht aus dem Begriff „sammeln“ nicht hervor. Daher haben wir uns dazu entschieden, den Begriff im Fall der Sammlung Franz Emil Hellwigs durchzustreichen und im Bezug zur „Sammlung“ Riebeck in Anführungszeichen zu setzen.

Ich sehe leider kaum einen roten Faden in der Sonder­aus­stellung. Kritisch finde ich, dass Symbole gezeigt werden, die bei der weiblichen Genital­ver­stüm­melung getragen werden bzw. bei den „Festen“ dazu.

Unsere Antwort:

Danke für den Hinweis. Trotz zahlreicher intensiver Diskussionen und Abstimmungen mit unserem Beratungsteam gibt es Dinge, die besser gemacht werden können und vielleicht auch sollten. Auch das Ausstellungsteam lernt stetig dazu.

Im Unterschied zu einem Gästebuch (wo man rausreißen oder schwärzen müsste) lassen sich abweichende Meinungen bei Zetteln leicht alle paar Stunden entsorgen (wie man mir in Bern, Paul-Klee-Museum, erklärte).

Unsere Antwort:

Seien Sie versichert, dass bei uns keine Zettel durch Mitarbeitende des Museums abgenommen wurden! Die Vielfalt der hier abgebildeten Meinungen sollte ein Beleg dafür sein.

Sie könnten die Rezeptionsgeschichte vielleicht mehr einbeziehen und fragen, ob es bereits zur Entstehungs- bzw. „Sammlungs“-zeit auch schon kritische Stimmen gab.

Unsere Antwort:

Vorherrschend war eine große Euphorie für viele Formen der Aneignung von Fremdem. Die Folgen für die Herkunftsgesellschaften wurden selten hinterfragt und erst recht nicht berücksichtigt.

Der Frage, ob es in den Zeiten, in denen die Sammlungen zusammengetragen wurden, auch kritische Stimmen gab, wurde bisher zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt.

Finde Patricia Vesters Teil der Ausstellung, welcher sehr relevant ist, ist nicht fokussiert sichtbar. Besonders der dekoloniale, antirassitische Teil hätte meiner Meinung nach mehr Raum bekommen sollen & nicht nur „als letztes“ platziert werden sollen.

Unsere Antwort:

Wir haben mit unserem Beratungsteam und v. a. mit Patricia Vester lange überlegt, wo und wie diese Perspektive Raum im Ausstellungsverlauf bekommen kann. Mit Blick auf die begrenzten räumlichen Möglichkeiten fanden wir gemeinsam, dass die Empore als Schluss- und Verweilpunkt mit Sitzmöglichkeiten der geeignete Ort für Patricia Vesters Intervention ist, um am Ende des Rundgangs nach allem Erlebten und Erfahrenen darüber nachdenken zu können.

Wenn wir uns überlegen, Gemälde nicht mehr auszustellen, weil wir glauben zu wissen, dass sie nach heutiger Ansicht sexistisch oder kolonialistisch sein könnten (unsere Interpretation) nicht unser Wissen, dass der Künstler dies wirklich dachte, ist die Kunst dann für uns nicht ENTARTET! Das darf nicht sein.

Unsere Antwort:

Unter anderem genau mit dieser Frage und wie wir damit angemessen umgehen können, beschäftigt sich eine Arbeit in unserer Sommer-Ausstellung mit Werken von Sandra del Pilar.

Weitere Informationen zur Ausstellung

Natürlich darf das Nicht-mehr-Zeigen nicht die Lösung sein. Deswegen haben wir auch nichts ausjuriert, sondern gemeinsam mit unserem Beratungsteam überlegt, auf welche Weise wir problematische Bildinhalte heute angemessen präsentieren können.

Wie nimmt die Dauerausstellung Bezug zum Hinterfragen von (kolonialem) Sammeln?

Unsere Antwort:

In der Dauerausstellung gibt es so gut wie keine Werke, die im Zusammenhang mit kolonialen Strukturen in die Sammlung des Museums kamen. Ein solches ausgestelltes Werk, ein Humpen, der vom Kolonialwarenhändler Carl Haenert erworben wurde, wird im virtuellen Rundgang entsprechend eingeordnet.

Es gibt in der Dauerausstellung aber sehr wohl einige Werke, die aus heutiger Sicht kritisch zu lesen sind, weil Dargestellte aufgrund ihrer Hautfarbe diskriminiert werden. Eine pauschale Reaktion darauf scheint uns nicht angebracht. Wir bemühen uns, jedes Werk individuell zu behandeln und in begleitenden Texten auf die kritischen Aspekte hinzuweisen.

Mich würde interessieren, ob noch immer „Exotisches“ gesammelt wird. Die Frage „Was sammelst du?“ scheint mir zu wenig Bezug zum Thema zu haben und ist zu allgemein.

Unsere Antwort:

Nein, nachdem in Halle (Saale) kein Ethnologisches Museum entstand, wurden ausschließlich Werke der bildenden und angewandten Kunst aus Deutschland und (teilweise) dem europäischen Ausland gesammelt.

Nachdem die Werke von Franz Emil Hellwig erworben wurden und die Werke aus der Sammlung Riebeck infolge der Tode beider Brüder in die Sammlung gekommen waren, wurde die Sammlung nur punktuell im Sinne künstlerisch-stilistischer Aspekte um nicht-europäische Werke erweitert.

Ich finde den Bezug zum Kolonialismus an den Haaren herbeigezogen. Warum sollten sich Künstler nicht von anderen Kulturen beeinflussen lassen? Wer sammelt, hat bewundert, sonst hätte er die Dinge nicht haben wollen.

Dass der Expressionismus Anregungen aus der Kunst anderer Völker gezogen hat, ist m. E. positiv zu bewerten. Die Impressionisten haben japanische Kunst bewundert und gesammelt. Ist doch toll! Aber in Frankreich macht man davon kein Aufheben und verehrt sie.

Unsere Antwort:

Natürlich ist die Auseinandersetzung mit anderen Kulturen und deren Produkten etwas Natürliches und Notwendiges, um die eigene Kultur stets zu hinterfragen und weiterzuentwickeln. Wichtig ist jedoch, sich klar zu machen, wie der Prozess der Auseinandersetzung verlief oder verläuft: friedlich auf Augenhöhe oder mit Gewalt und Opfern. Emil Nolde z. B. hat dies aus eigenem Erleben in Briefen reflektiert, nicht aber in seiner Kunst.

Die Faszination der Impressionisten wie auch der Künstlerinnen und Künstler des Jugendstils, der Art Nouveau, für die japanische Kunst kann man nicht mit der oft gewaltsamen Entziehung von Werken aus den Kolonien zur selben Zeit vergleichen.

Wie kommentieren die Kulturen, deren Gegenstände Gegenstand der Ausstellung sind, die Darstellung?

Unsere Antwort:

Eine pauschale Antwort ist nicht möglich. Die Art der Präsentationen und die Kontextualisierung der Werke wurde mit unseren drei Beratenden aus Deutschland, Kamerun und Papua-Neuguinea, den in dem Projekt thematisierten Regionen, abgestimmt. Es galt, eine würdige Präsentation der Werke, Informationen zu ihren eigentlichen Bestimmungen sowie ihren Herkünften und Werkgeschichten mit den Notwendigkeiten einer Museumsausstellung zu kombinieren. Dabei mussten unweigerlich Wünsche, Fragen, Aspekte offenbleiben.

Leider ist die woke Ideologie vorherrschend im Haus. Das trübt die Freude an der Kunst und lenkt unnötig ab.

Die meisten Ausstellungsstücke würden nicht mehr existieren, wenn sie nicht von „Rassisten“ und „Kolonialisten“ gesammelt worden wären.

Unsere Antwort:

Eine solche Haltung kann und darf nicht Rechtfertigung von Gewalt, Entzug nahezu des gesamten kulturellen Erbes eines Landes sowie Zerstörung von deren Natur und Kultur sein!

1. Herzlichen Glückwunsch zu diesem ersten Meilenstein in der dekolonialisierenden historisierenden Aufarbeitung!

2. Mir erschließt sich die Zusammenstellung der „Exponate“ aus afrikanischen Kontexten mit den expressionistischen Werken nicht ausreichend. Hier wäre eine weitere Erläuterung und Gedanken des Ausstellenden Teams angebracht.

3. Auf weitere Arbeit zu einer post-kolonialen / dekolonialen Stadtgeschichtsschreibung freue ich mich!

Unsere Antwort:

Zu Punkt 2: Danke für den Hinweis. Vielleicht haben wir an dieser Stelle zu viel als bekannt vorausgesetzt bzw. unterstellt, dass es unnötig ist, Dinge erneut zu thematisieren und präsentieren, die jüngst andere Ausstellungen in Deutschland und Europa zu diesem Thema bearbeitet haben.

Zu Punkt 3. Hierzu wird der 24. Tag der Stadtgeschichte am 16. November 2024 zum Thema „Halle und der Kolonialismus“ im Stadtarchiv Halle einen nächsten Schritt beitragen.

Die Debatte um Kolonialismus zu führen finde ich richtig und wichtig. Allerdings ist das eine Debatte, die wir als Menschen, die heute leben, zu führen haben. Der Ton der Ausstellung ging mir stellenweise zu weit in das spekulative Verurteilen von Menschen von vor 100 Jahren nach heutigen Moralvorstellungen und mit dem Wissen über heutige Debatten. Das halte ich für etwas vermessen gegenüber den Künstlern.

Unsere Antwort:

Es geht darum, tradierte Betrachtungen und Urteile v. a. bezüglich des deutschen Expressionismus in seinem Verhältnis zum kaiserzeitlichen Kolonialismus zu hinterfragen, in Frage zu stellen und kritisch zu überdenken. Niemand aus dem Kuratoren- und Beratungsteam hat die damals handelnden Menschen verurteilt. Im Gegenteil, wir waren bemüht, deren Handeln aus ihrer Zeit heraus zu verstehen und mit unserem heutigen Faktenwissen einzuordnen.