It's all about collecting …

Expressionismus | Museum | Kolonialismus
Die Sammlung Horn zu Gast in Halle (Saale)

17.03.2024 — 23.06.2024

Diese Ausstellung ist bereits abgelaufen.


Die Sammlung Rolf Horn aus Schleswig war mit gut 100 expressionis­tischen Gemälden, Zeichnungen, Grafiken und Plastiken und einigen Werken aus Afrika und Ozeanien, wie sie den Expressionisten in Deutschland als Inspiration dienten, zu Gast im Kunstmuseum Moritzburg Halle (Saale).

Dies nahmen wir zum Anlass, zwei Konvolute zu thematisieren, die in den 1890er Jahren in unser Museum kamen: die Melanesien-Sammlung* von Franz Emil Hellwig und die Asien-„Sammlung“* Emil Riebecks. Beide sind heute nur noch rudimentär vorhanden und wurden erstmals in einem Ausstellungsprojekt auf der Basis aktueller Forschungen präsentiert.

Neben einzigartigen Kunstwerken thematisierte die Ausstellung Fragen nach dem Umgang westlicher Museen mit Werken, die ihren Weg nach Europa der kolonialen Vergangenheit des Kontinents verdanken, und nach dem Verhältnis zwischen Expressionismus und Kolonialismus. Sie verstand sich als Einladung, über die koloniale Vergangenheit Deutschlands und den heutigen Umgang damit sowie die Rolle der Kunst der Klassischen Moderne in diesem Zusammenhang kritisch nachzudenken.
 


Die Sammlung Horn

Die Sammlung von Rolf und Bettina Horn (1912–1995 / geb. 1939) umfasst aktuell etwa 450 Positionen und befindet sich seit 1988 als Dauerleihgabe in der Stiftung Schleswig-Holsteinische Landesmuseen in Schloss Gottorf in Schleswig. Den Schwerpunkt bilden Werke des frühen 20. Jahrhunderts mit einem Fokus auf die Kunst des Expressionismus. Daneben gibt es ein abgeschlossenes Konvolut von Werken aus nicht-europäischen Kontexten, wie sie ähnlich die Künstler der Brücke inspirierten.

2023 gingen ausgewählte Werke auf eine Tournee in das Kirchner Museum Davos, das Museum Ostwall im Dortmunder U und nun in das Kunstmuseum Moritzburg Halle (Saale). Die hallesche Ausstellung unterschied sich von den beiden vorhergehenden Stationen durch die Präsentation von Werken nicht-europäischer Herkunft aus der Sammlung Horn. Diese inhaltliche Akzentuierung beruhte darauf, dass auch in der Sammlung des Kunstmuseums nicht-europäische Werke, die aus kolonialen Kontexten stammen, bewahrt und im Rahmen der Ausstellung erforscht und präsentiert wurden.

Die Sammlung von Franz Emil Hellwig

Mehr als 1.700 Objekte umfasste das Konvolut des aus Halle (Saale) stammenden Unternehmers und ethnografischen Laien Franz Emil Hellwig (1854–1929), das von der Stadt im Jahr 1899 erworben wurde. Hellwig hatte die Waffen, Gebrauchsgegenstände und Skulpturen während seiner Tätigkeit in der späteren Kolonie Deutsch-Neuguinea (heute Melanesien, Papua-Neuguinea, Mikro- und Polynesien) mitgebracht. Heute existieren im Museum nur noch acht Objekte, hauptsächlich Rindenbastmatten (Tapa) aus Samoa und Fidschi. Die übrigen Werke in der Präsentation sind Leihgaben des GRASSI Museums für Völkerkunde zu Leipzig, wohin ein Teil der Sammlung 1953 im Zuge der sogenannten Museumsprofilierung in der DDR abgegeben wurde.

Die Entdeckung des künstlerischen Wertes, die Präsentation der Sammlung zwischen 1913 und 1926 sowie ihre Rezeption sind ein bedeutendes Kapitel der Museumsgeschichte. Zugleich verlangen die Werke nach einer reflektierten Auseinandersetzung mit dem deutschen Kolonialismus, was die Frage, wie heute eine angemessene museale Präsentation und Vermittlung der in dieser Zeit nach Deutschland gelangten Dinge möglich ist, einschließt.

Die „Sammlung“ von Emil Riebeck

Der wissenschaftlich interessierte Weltreisende und Organisator von Expeditionen Emil Riebeck (1853–1885), ein Sohn des bekannten Unternehmers Carl Adolph Riebeck (1821–1883), trug eine umfangreiche „Sammlung“ vor allem kunstgewerblicher Gegenstände aus Ostasien, Indien, Arabien und Afrika zusammen. Sie befindet sich heute in verschiedenen Museen in Berlin, Dresden, Wien,
Weimar und Halle (Saale). Allerdings hat die Saalestadt, die nach dem frühen Tod der Brüder Emil und Paul Riebeck das Familienvermögen 1889 erbte und in ihrem städtischen Museum viele Jahre stolz präsentierte, die ihr zugefallenen ca. 700 Objekte bis auf einzelne Werke 1921 verkauft. Dennoch erlauben die bis heute im Museum überlieferten Gebrauchs- und Luxusgegenstände einen Einblick in die Lebenswelten und die Passion eines überaus wohlhabenden Hallensers im späten 19. Jahrhundert.


Mit der Ausstellung „It's all about collecting …“ luden wir Sie ein, über das Wesen des Sammelns nachzudenken. In den Texten der Ausstellung und auf der Website haben wir daher unterschiedliche Forma­tierungen des Wortes „Sammlung“ verwendet.

Da Franz Emil HELLWIG mit eindeutig kommerziellen Vorsätzen und im Rahmen des deutschen Kolonialsystems „sammelte“, finden Sie seine Sammlung durchgestrichen gekennzeichnet.

Emil RIEBECK trug seine Objekte mit einem vorwiegend wissen­schaft­lichen Interesse zusammen; weil wir jedoch nicht im Detail über die Erwerbsumstände informiert sind, setzen wir seine „Sammlung“ in Anführungszeichen.

Die bewusst als Kunstsammlung zusammengestellte Sammlung von Rolf und Bettina HORN kennzeichnen wir nicht gesondert.


Die Beschäftigung mit dem Verhältnis zwischen Expressionismus und Kolonialismus und der Frage, wie heute mit Werken, die infolge des Kolonialismus in das Kunstmuseum Moritzburg Halle (Saale) kamen, angemessen und respektvoll umgegangen werden muss, darf und sollte, benötigte in der Vorbereitung einen mulitperspektivischen Austausch. Der Einladung, das Museumsteam zu beraten, waren gefolgt:

Patricia Vester, Potsdam, Deutschland
Tommy Buga, Port Moresby, Papua Neuguinea
Prof. Dr. Albert Gouaffo, Dschang, Kamerun

Mit ihnen gemeinsam wurden die Möglichkeiten, die Werke auszustellen und zu kontextualisieren, und die Notwendigkeiten, den Besucherinnen und Besuchern mehr Informationen als nur die objektbezogenen, sachlichen Fakten mitzugeben, besprochen und die Szenografie der Ausstellung entwickelt.


Viele Meinungen, noch mehr Fragen – wir antworten

In der Ausstellung „It's all about collecting …“ gab es für die Besucherinnen und Besucher die Möglichkeit, ihre Fragen, Meinungen und Anmerkungen rund um die Themen der Ausstellung auf großen Feedback-Stelen zu hinterlassen. Insgesamt haben uns über 140 Reaktionen erreicht. Auf dieser Seite finden Sie eine Auswahl der positiven, aber auch kritischen Rückmeldungen und unsere Antworten zu ausgewählten Fragen:

Reaktionen zu „It's all about collecting …“

Im Podcast zur Ausstellung sprechen Kuratorin Anke Dornbach und Patrica Vester über den Entstehungsprozess von „It's all about collecting …“. Das Gespräch bietet die Möglichkeit, sich mit Fragen aus der Ausstellung weiter zu beschäftigen, kann aber auch unabhängig vom Museumsbesuch gehört werden. Es wird moderiert von Christina Brinkmann, wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle.

EXPRESSIONISMUS! Werke aus der Sammlung Horn

Hrsg. von Kirchner Museum Da­vos | Museum Ost­wall im Dort­munder U | Kultur­stif­tung Sach­sen-An­halt, Kunst­mu­seum Mo­ritz­burg Halle (Saale) | Stif­tung Schles­wig-Hol­stei­ni­sche Lan­des­mu­seen Schloss Gottorf

zu den Aus­stel­lungen im Kirch­ner Mu­seum Da­vos 12.02. – 24.09.2023; Mu­seum Ost­wall im Dort­mun­der U 28.10.2023 – 18.02.2024; Kunstmuseum Moritzburg Halle (Saale) 17.03. – 23.06.2024

248 Seiten | zahlreiche Abb.
Petersberg : Michael Imhof Verlag, 2023
ISBN: 978-3-7319-1259-0

39,95 Euro | im Mu­seums­laden wäh­rend der Aus­stel­lung: 29,95 Euro

gesammelt

von Patricia Vester

Hrsg. von Christian Philipsen, Thomas Bauer-Friedrich, Anke Dornbach

27 Seiten | zahlreiche Abb.
Kulturstiftung Sachsen-Anhalt, 2024
ISBN: 978-3-96502-032-0

12,95 Euro

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Expressionismus | Museum | Kolonialismus
Die Sammlung Horn zu Gast in Halle (Saale)

17.03.2024 — 23.06.2024

Kuratorisches Team

Thomas Bauer-Friedrich, Anke Dornbach, Ulf Dräger

Beratungsteam

Patricia Vester, Potsdam, Deutsch­land | Tommy Buga, Port Moresby, Papua Neu­guinea | Prof. Dr. Albert Gouaffo, Dschang, Kamerun

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