Ich bin Du!

Doris Ziegler: Malerei

26.02.2023 — 21.05.2023
Kabinettausstellung

Diese Ausstellung ist bereits abgelaufen.


Doris Ziegler zählt zu den bedeutenden Künstlerinnen der Leipziger Schule – und trotzdem ist die Malerin bis heute nur einem kleineren Publikum bekannt. Ein Beleg dafür ist der Umstand, dass diese Ausstellung ihre erste Einzelschau in einem Museum ihrer Heimatregion war.

In der Malerei war es über lange Zeit der „kühle Blick“, geschult an der neusachlichen Kunst der Zwischenkriegszeit, der Doris Ziegler interessierte und der sie unterschied von ihren Generationskollegen. Hoher Respekt vor dem Bildnis und vor dem an der HGB als Königsdisziplin geltenden Mehr- oder Vielfigurenbild hielt Doris Ziegler nie vor dem Experiment zurück, gerade in diesem Genre ihren Platz zu suchen. Ihren magischen Ort fand die Künstlerin dabei früh im Leipziger Stadtteil Plagwitz, dessen Architektur und Lebenswelt sie faszinierten.

Vom sachlichen Industriedetail über die Kulissenwelt des Imaginären bis hin zur Darstellung des weiblichen Proletariats in der DDR reichen ihre bildnerischen Annäherungen an einen Aktions- und Rückzugsraum, der nach der deutschen Wiedervereinigung von einer tiefgreifenden Transformation betroffen war.
 


Eines der Hauptwerke von Doris Ziegler – das Gemälde Ich bin Du aus dem Jahre 1988 – gibt der Ausstellung ihren Titel. In der Entstehungszeit galt dieses Gemälde als Provokation, weil es vermeintlich feministische Positionen aus dem Westen in den Kunstraum DDR transformierte. Hier zeigt sich die Künstlerin in androgyner Gestalt zugleich als Mann und Frau. Die Künstlerin stellte damit die vorherrschenden Geschlechterrollen in Frage; lange Zeit vor der Akzeptanz heute aktueller Debatten um Sexus, Gender und Diversität.

Foto: Marcus-Andreas Mohr, für die Werke von Doris Ziegler: © VG Bild-Kunst, Bonn 2023

In der Ausstellung, die 20 Gemälde aus den Jahren 1977 bis 2016 aus allen Schaffensphasen vereinte, wurde deutlich, dass die bildnerische Inszenierung eines „Doppelgängers“ auch für andere Segmente ihres Schaffens gilt. Die Dualität eines existentiellen Bezugs zwischen der Künstlerin und ihrem Umfeld wird ebenso in ihren Doppelporträts deutlich, die sie zusammen mit ihrer Mutter (Selbst mit Mutter und Krone, 1996) oder ihrem Sohn zeigen. Das Gemälde Selbst mit Sohn II (1986/87), gezeigt auf der X. Kunstausstellung der DDR im Dresdner Albertinum, geriet zu einem der letzten Kunstskandale in der DDR.

Doris Zieglers Passagen-Zyklus (1988–1993), der zum Hauptwerk der wohl wichtigsten Malerin der Leipziger Schule gehört, bündelt die Erfahrung einer gesellschaftlichen Transformation ohne historische Parallele. In ihm verdichten sich Momentaufnahmen zu einem künstlerischen Panorama von Wende und Umbruch. Auf den Bildern der Werkgruppe ist es die Künstlerin selbst, die den Turbulenzen des Zeitgeschehens als melancholischer Pierrot begegnet. In den beiden 1988 noch in der DDR entstandenen und in der Kabinettausstellung gezeigten Bildern Passage I und Passage II. Hommage à Watteau erweist sich die Passagenwelt der Leipziger Messehöfe als ein Kreuzungsort von historischen Ereignisketten und persönlichen Schicksalslinien.


Doris Ziegler wurde Anfang der 1970er Jahre an der Hochschule für Grafik und Buchkunst (HGB) in Leipzig bei Werner Tübke und Wolfgang Mattheuer ausgebildet. Kurz vor der Wiedervereinigung Deutschlands wurde sie dort selbst zur Assistentin und schließlich 1993 als Professorin für das Grundlagenstudium berufen.

Doris Ziegler
 

1949 geboren in Weimar
1969–1974 Studium der Malerei und Grafik an der HGB Leipzig bei Werner Tübke und Wolfgang Mattheuer
1974–1989 freischaffend in Leipzig
1989 Assistentin in der Fachrichtung Malerei an der HGB Leipzig
1993–2014 Professorin im Grundlagenstudium Malerei an der HGB Leipzig
seit 2014 freischaffend in Leipzig

 

Einzelausstellungen (Auswahl)
 

2023 Ich bin Du! Doris Ziegler: Malerei
Kulturstiftung Sachsen-Anhalt, Kunstmuseum Moritzburg Halle (Saale)
2022 Landschaften. Doris Ziegler & Wieland Payer 
Jenaer Kunstverein
2021 Kopfüber. Doris Ziegler
Döbele Kunst, Mannheim
2018 Lange Abschiede
Brandenburgisches Landesmuseum für moderne Kunst, Frankfurt/Oder, Packho

Vorschau
 

Weitere Ausstellungen der Werke Doris Zieglers finden 2023 in Gera und Zwickau statt.

Kunstsammlungen Gera, Orangerie
Passagen. Doris Ziegler – Malerei

www.museen-gera.de

Kunstsammlungen Zwickau, Max Pechstein Museum
Max-Pechstein-Preis der Stadt Zwickau
07.10.2023 — 14.01.2024

www.kunstsammlungen-zwickau.de

Der Max-Pechstein-Preis der Stadt Zwickau wird im deutschsprachigen Raum als Preis für Malerei, Grafik, Plastik und künstlerische Projekte im Zweijahresrhythmus, zweimal hintereinander als Förderpreis für junge Künstlerinnen und Künstler und einmal, im jeweils 6. Jahr, als Ehrenpreis für ein Gesamtwerk verliehen. 2023 geht der Ehrenpreis an Doris Ziegler. Mit der Preisverleihung und einer umfassenden Ausstellung wird die unverwechselbare wie eigenständige malerische Position der Künstlerin gewürdigt.

Doris Ziegler. Das Passagen-Werk. Malerei

Hrsg. von Dr. Paul Kaiser, Dresdner Institut für Kulturstudien

Monografie mit Werkverzeichnis
308 Sei­ten | 125 Ab­b.
Weimar: Tympanon 2020
ISBN: 978-3-00-066335-2

33 Euro

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ICH BIN DU!
Doris Ziegler: Malerei

Kabinettausstellung
26.02.2023 — 21.05.2023

Kurator

Dr. Paul Kaiser

Kulturpartner