Anna Franziska Schwarzbach
09.04.2022 — 28.08.2022Eine Ausstellung im Rahmen von |
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Die umfangreiche Werkschau zeigte einen Überblick über das künstlerische Schaffen einer der wichtigen zeitgenössischen deutschen Bildhauerinnen, das vor allem durch eines gekennzeichnet ist: Haltung-Bewahren und Position-Beziehen!
Anna Franziska Schwarzbach, die ihren Weg schon zu DDR-Zeiten selbstbestimmt und unabhängig von gesellschaftlichen und politischen Veränderungen sowie Geschlechterklischees ging, kann auf ein vielseitiges Œuvre blicken. Ihr Hauptthema ist der Mensch, dessen Schicksal die Künstlerin oft persönlich bewegt. Material und Darstellungsform streben nicht primär nach einem reinen Abbild, sondern entstammen stets der intensiven Auseinandersetzung Schwarzbachs mit dem Thema, der Person, ihrer Geschichte und ihrem Wesen.
Von expressiven, teils lebensgroßen Eisen- und Bronzeplastiken über Holzskulpturen bis hin zu Medaillen würdigte die gemeinsam mit der Künstlerin konzipierte Ausstellung erstmals umfangreich ihre herausragende künstlerische Position.
Künstlerin & Werk
Als Tochter des Bildhauers Hans Brockhage (1925–2009) studierte Anna Franziska Schwarzbach zunächst Architektur bei Selman Selmanagić an der Kunsthochschule in Berlin-Weißensee. Nachdem sie in diesem Beruf zwei Jahre am Berliner Palast der Republik arbeitete, studierte sie in Berlin-Weißensee Porträtplastik. Seit 1977 ist sie freischaffend als Bildhauerin tätig. In bewusster Abgrenzung vom Œuvre ihres Vaters mied Anna Franziska Schwarzbach bewusst eine abstrakte Bildsprache und das Material Holz. Auf diese Weise fand sie zu dem ihr eigenen Material und der damit verbundenen Technik, dem Eisenkunstguss, in dem sie sich über viele Jahre vorzugsweise artikulierte.
Ausdrucksstarke Porträtplastiken entstanden ebenso wie anonyme Figuren oder allegorische Darstellungen. Neben dem Eisen eignete sich die Künstlerin weitere bisher nicht unbedingt weiblich konnotierte Materialien und Techniken an, wie großformatige Arbeiten in Stein, Beton oder auch der klassischen Bronze belegen. Wachs und Gips runden die Vielfältigkeit ihrer Ausdrucksmittel ab. Als etablierte und eigenständige Künstlerin begann sie in späteren Jahren, sich auch im Holz – dem Material ihres Vaters – auszudrücken und erzielte auch hier sich in ihre Bildsprache und ihr Œuvre organisch einfügende, gültige Werke.
Parallel entstanden während allen Schaffensphasen Arbeiten auf Papier, vor allem Zeichnungen, Radierungen und Steinabreibungen. Eine Besonderheit stellen Letztere dar, die die Künstlerin bevorzugt mit dem japanischen Begriff Takuhon beschreibt. Hierfür arbeitet sie das Motiv zunächst aus einem Stein als Flachrelief heraus, bevor sie es im Frottageverfahren durchreibt (frz.: frotter – reiben). Resultate sind eindrucksvolle expressive großformatige Blätter, die in enger Verbindung zu den zu Beginn der 2000er Jahre zeitgleich entstandenen bildhauerischen Werken stehen.
Video: Kurzporträt der Künstlerin und Film zur Ausstellung
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Schließlich prägt eine dritte Ausdrucksform das Œuvre der Künstlerin – die Medaille. Als kleinplastisches Kunstwerk hat Anna Franziska Schwarzbach diese besondere Form des Flachreliefs zu höchster Perfektion entwickelt. Seit Jahrzehnten ist sie eine gefragte Medailleurin und hat zahlreiche Wettbewerbe für sich entschieden. Im Dezember 2020 erhielt Anna Franziska Schwarzbach als erste Bildhauerin und als zweite deutsche Künstlerin überhaupt den renommierten J. Sanford Saltus Medal Award for Lifetime Achievement in the Art of the Medal der American Numismatic Society.
Anna Franziska Schwarzbach hat sich als Künstlerin in einem männlich dominierten Kunstgeschehen (Kunstproduktion, Kunsthandel, Kunstvermarktung, Kunstpräsentation) mit beeindruckender Beharrlichkeit positioniert und ihr Schaffen gegen alle politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Mechanismen verteidigt. Ohne ein feministisch motiviertes Selbstverständnis als Künstlerin zu vertreten, vermag sie, jungen zeitgenössischen Künstlerinnen Motivation, Anreiz und Vorbild für die eigene Entwicklung zu sein.
Podcast: „Meine Augen sehen weniger als meine Hände“ – Ateliergespräch mit der Künstlerin
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© INSELGALERIE Berlin, Kathrin Schrader
Katalog
ANNA FRANZISKA SCHWARZBACH
Band 24 der Schriften für das Kunstmuseum Moritzburg Halle (Saale)
Hrsg. von Christian Philipsen in Verbindung mit Thomas Bauer-Friedrich
zur gleichn. Ausstellung:
09.04.2022 – 28.08.2022
200 Seiten | 235 Abb.
Dresden : Sandstein Verlag, 2022
ISBN: 978-3-95498-683-5
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Unser Tipp
In der Pauluskirche in Halle (Saale) findet sich seit 2013 ein von Anna Franziska Schwarzbach gestaltetes Altarkreuz. Der Entwurf war aus einem Wettbewerb hervorgegangen, den die Evangelische Paulusgemeinde im Jahr 2011 ausgelobt hatte. Die frühere Ausstattung des Altarraumes war bei Renovierungsarbeiten 1972 entfernt worden und dabei verloren gegangen.
Das zeitgenössische sakrale Werk spannt einen Bogen zwischen Tradition und zeitgemäßem Anspruch einer lebendigen Gemeinde. Es kann während und nach dem Gottesdienst oder zu den Öffnungszeiten der Pauluskirche besichtigt werden (samstags, sonntags und an Feiertagen jeweils zwischen 15 und 17 Uhr von Ostern bis zum Reformationstag 2022).
ANNA FRANZISKA SCHWARZBACH
09.04.2022 — 28.08.2022
Kurator
Thomas Bauer-Friedrich