31. Oktober 2020

Die Reformation auf Medaillen und Flugblättern

Zum Reformationstag wollen wir heute neben zwei Ankäufen der Freunde und Förderer des Kunstmuseums Moritzburg Halle (Saale) e. V. auch drei Flugblätter näher betrachten. Aber zuerst zu den Medaillen:

 

 

Die Inspiration zu dieser satirischen Medaille wird Nicolaus von Amsdorf (1483–1565), Freund Martin Luthers (1483–1546), zugeschrieben, der als Superintendent in Magdeburg und erster evangelischer Bischof von Naumburg (1542–1547) gegen das Interim kämpfte. Mit dem 1548 in Augsbug als Gesetz erlassenem Interim strebte Kaiser Karl V. (1500–1558) die erneute Religionseinheit im Reich an. Die Idee scheiterte am Widerstand beider Seiten im Jahr 1552.

Die zahlreichen und weit verbreiteten Doppelkopfmedaillen, 186 Varianten sind bekannt, stellen auf der Vorderseite den Papst dar. Wenn die Medaille um 180° gedreht wird, verwandelt sich das Porträt in einen Teufel mit Hörnern. Auf der Rückseite wandelt sich das Bild eines Kardinals in gleicher Weise in einen Narren mit Kappe und Schellen.

Auch wenn sich keine Porträt-Ähnlichkeit nachweisen lässt, ist anzunehmen, dass sich dieses Bild auf den in Halle (Saale) residierenden, hoch verschuldeten und vor der Reformation zurückweichenden Kardinal Albrecht von Brandenburg (1490–1545) beziehen dürfte, denn die Beleidigung des Gegners war eine wirksame Waffe der Reformationszeit.

Die Inschrift der Vorderseite "ECCLESIA PERVERSA TENET FACIEM DIABOLI" (Die pervertierte [verkehrte] Kirche trägt das Gesicht des Teufels) und das Spottwort auf der Rückseite "STULTI ALIQVANDO SAPIENTES" (Ihr Narren werdet doch einmal klug) beziehen sich auf Luthers Bild vom Papst als teuflischem Antichristen. Seit dem Mittelalter kannte die christliche Kunst groteske Maskenformen vorwiegend zur Abwehr böser Mächte.

Mit diesen vor allem ab etwa 1539 produzierten Medaillen wurden kirchliche und staatliche Würdenträger in den Auseinandersetzungen der Zeit verhöhnend angegriffen. Die „Maske des Bösen“, das Motiv des Hässlichen sollte jedoch nicht nur den politischen Gegner verzerren, sie dienten auch als Gegenbild des Heiligen und Vollkommenen.

Die Karikatur erhielt im Manierismus (um 1520–um 1600) zunehmend eine wertfreie und eher kuriose Bedeutung. Damit sind diese Doppelkopf-Medaillen auch im Hinblick auf ihren spielerischen Reiz zu sehen. Dennoch verzichteten die Medailleure bei diesen Spottmedaillen in der Regel auf ihre Signatur.

Die Medaille konnte im Jahr 2017, dem Jahr des 500. Reformationsjubiläums, mit zwei weiteren Objekten von den Freunden und Förderern des Kunstmuseums Moritzburg Halle (Saale) e. V. für die Sammlung des Museums angekauft werden. Für das Kunstmuseum war dies aber nicht der erste Ankauf des Fördervereins für das Münzkabinett im Zusammenhang mit der Reformation. Schon im Jahr 1994 konnte eine seltene Silbergussmedaille auf den Tod von Martin Luther erworben werden Diese stammt von Jacob Stampfer und ist bereits 1546 entstanden.

 

Jakob Stampfer (1509–1579) war als Medailleur, Münzmeister und Stempelschneider vor allem in Zürich tätig. Seine Gussmedaillen, im Gegensatz zu den geprägten Stücken mit einer sehr kleinen Auflage, erinnern an die Arbeiten Friedrich Hagenauers (um 1400–bis nach 1546). Berühmt wurde Stampfer durch die Schweizer Bundestaler, deren Bildidee sich noch heute im Franken wiederfindet.

Die Medaille zeigt auf der Vorderseite ein ausdrucksvolles Porträt des alternden Luther und wurde anlässlich seines Todes 1546 gegossen. Das Münzkabinett des Kunsthistorischen Museums in Wien besitzt ein Stück mit der gleichen Vorderseite und einem Brustbild Melanchthons als Rückseite. Von der Medaille sind nur zwei weitere Exemplare bekannt.

Die Medaille ist nicht signiert. Die Zuschreibung zu Stampfer erfolgte aufgrund des an Hagenauer erinnernden Porträts und der für Stampfer typischen Schriftgestaltung auf der Rückseite.

Für das Landesmünzkabinett des Kunstmuseums Moritzburg Halle (Saale) stellen die genannten Erwerbungen aus inhaltlichen und künstlerischen Gründen wichtige Ergänzungen dar.

Aber auch in der Grafischen Sammlung findet sich einiges zur Reformation. Drei Arbeiten werden hier stellvertretend genauer betrachtet:

 

Das Flugblatt von Jakob van der Heyden thematisiert den Protestantismus als die "wahre Religion". Neben einem großen Leuchter steht links der sächsische Kurfürst Johann Georg I. (1585–1656) mit dem Kurschwert und rechts Luther mit einem Lorbeerzweig in der Hand. Der siebenarmige Leuchter steht auf einem Altar, auf dem die Bibel von zwei Engeln gehalten wird. Jeder Arm des Leuchters trägt kleine Bilder, die mit Glaubenssätzen umschrieben sind und sich auf verschiedene Bibelstellen beziehen. Darüber schwebt der Heilige Geist, der auf jede Kerze des Leuchters verweist. Der Leuchter ruht auf Felsen, die beschriftet sind mit den Aposteln und Propheten.

Auf dem Gedenkblatt von Hans Troschel stehen Herzog Johann Georg von Sachsen (1585–1656), Luther, Philipp Melanchthon (1497–1560) und Friedrich der Weise von Sachsen (1463–1525) an einem Altar. In den oberen Ecken ist jeweils ein sächsisches Wappen zu sehen. In den unteren befindet sich die Zeichnung der Gedenkmedaille zum 100-jährigen Reformationsjubiläum 1617 von Lorenz Schilling (um 1575–1637) mit Luthers Sinnbild als Schwan und auf der anderen Seite mit Darstellungen Friedrich des Weisen und Luthers neben einem Altar.

 

Auf diesem Einblattdruck sitzt Papst Leo X. (1475–1521) auf einem nach hinten kippenden Stuhl, was seine Unterlegenheit gegenüber dem stehenden und auf die aufgeschlagene Bibel weisenden Reformator Martin Luther dokumentiert. Die klerikale wie weltliche Gefolgschaft des Papstes versucht ihn noch mit Mistgabeln zu stützen.

Das Hauptmotiv des stürzenden Papstes geht auf einen Holzschnitt gleichen Titels von Lucas Cranach d. J. (1515–1586) zurück, der im 17. Jahrhundert mehrfach nachgestochen wurde.