30. Mai 2021

Similia similibus curentur:
200 Jahre Homöopathie in Köthen

 

Ähnliches möge durch Ähnliches geheilt werden. So lautet der Grundsatz der Homöopathie, die der Arzt Christian Friedrich Samuel Hahnemann (*1755 in Meißen, † 1843 in Paris) begründete. Die heute weltweit bekannte Heilmethode verbreitete sich in den Jahren um 1830 in Deutschland. In dieser Zeit lebte Hahnemann als Hofrat und Leibarzt des Herzogs Friedrich Ferdinand von Anhalt-Köthen (1769–1830) in der Stadt, die sich heute gern als Welthauptstadt der Homöopathie sieht.

Hahnemanns ehemaliges Wohnhaus in der Wallstraße wurde als Gedenkstätte vom Verein zur Förderung der Homöopathie restauriert und eingerichtet. Hier zog Hahnemann vor 200 Jahren ein, hier praktizierte, forschte, publizierte und lebte er viele Jahre, länger als an jedem anderen Ort in seinem Leben. Hier verliebte er sich und folgte seiner jungen Frau, der Malerin und ersten zugelassenen Homöopathin Mélanie d’Hervilly-Gohier Hahnemann (1800–1878), in deren Heimat nach Paris.

Hahnemannhaus Köthen



Wähle, um sanft, schnell, gewiß und dauerhaft zu heilen, in jedem Krankheitsfalle eine Arznei, welche ein ähnliches Leiden (ὅμοιον πάθος) für sich erregen kann, als sie heilen soll!

Diesen homöopathischen Heilweg lehrte bisher niemand, niemand führte ihn aus.

Samuel Hahnemann

 

Im Jahr 1829 beging Hahnemann in Köthen feierlich das 50. Jubiläum seiner Erlanger Promotion. In dieser Zeit erschien die erste Auflage der mehrbändigen „Chronischen Krankheiten“, in der er die Doktrin der Homöopathie fundamentierte. Bedeutend für die Verankerung der Homöopathie waren die Memoranden Hahnemanns zu den Cholera-Epidemien in den Jahren 1830 und 1831.

Wie groß die Verehrung Hahnemanns gewesen ist, bezeugen mehr als 160 Denkmäler, Büsten, Bilder, Graphiken und nicht zuletzt Medaillen. Über die Jahrhunderte belegen sie die intensive künstlerische Auseinandersetzung mit seinem Lebenswerk.

Immer wieder dient ein sensibles Porträt, gemalt von seiner Frau in seinem 80. Lebensjahr 1835, als Inspiration für die künstlerische Charakterisierung. Auf Anregung des Homöopathen und Apothekers Wolfgang Wissing setzte sich 2001 die Berliner Bildhauerin Anna Franziska Schwarzbach für eine Medaillenedition damit auseinander. Sie formte eine hauchdünne Medaille, um auch haptisch auf die Heilweise der Homöopathie zu verweisen. Das für den Guss in Metall geformte Wachsmodel war so zart, dass das Licht durchschien. Das Experiment führte zu jeweils ganz individuellen, zum Teil nicht vollständig oder nur fragmentarisch ausgegossenen Medaillen, die einen eigenwilligen Reiz ausstrahlen.

 

 

Aus der Idee für eine Medaille wurde ein ganzer Zyklus, der über mehrere Jahre und mit verschiedenen Motiven bis zum 250. Geburtstag Hahnemanns im Jahr 2005 fortgeführt wurde. Die Künstlerin hat sich intensiv mit Leben und Wirken Hahnemanns beschäftigt. Sie formte mit dem Verzicht auf die den Kopf bedeckende Kappe die Stirn höher und drehte die Ansicht leicht. Die Kleidung wird nur sparsam durch wenige Linien angedeutet, so dass die Physiognomie des Dargestellten deutlich hervortritt und eine weise und glückliche Sinnlichkeit ausstrahlt.

Das Werk der Künstlerin wird eine große Sonderausstellung im nächsten Frühjahr vorstellen:

Weitere Informationen zur Ausstellung „Anna Franziska Schwarzbach“

Diese zeitgenössischen Medaillen stehen in einer kontrastreichen Traditionslinie. Bereits der bekannte französische Bildhauer Pierre Jean David, genannt David d’Angers (1788–1856) schuf im Jahr 1835 eine beeindruckende monumentale Reliefplakette.

 



Ich glaube jetzt eifriger als je an die Lehre des wundersamen Arztes (Dr. Hahnemann) seitdem ich die Wirkung unserer allerkleinsten Gabe so lebhaft gefühlt und wieder empfinde.

Johann Wolfgang von Goethe

 

Wenige Jahre vorher entstand die erste Medaille auf Hahnemann, gestiftet von Schülern und Freunden anlässlich des 50-jährigen Promotionsjubiläums 1829. Die Medaille wurde in einem Exemplar in Gold, in 35 Exemplaren in Silber und in 300 Exemplaren in Bronze am 29. Juni 1829 in der Dresdner Münzstätte hergestellt. Den Entwurf fertigte der Münzgraveur und Medailleur Carl Reinhard Krüger (1794–1879), stilistisch dem akademischen Klassizismus jener Zeit verpflichtet, mit handwerklicher Perfektion. Die Inschrift der Bildnisseite benennt neben dem Geburtsdatum und dem Geburtsort das Datum der in Erlangen am 10. August 1779 verteidigten Promotion. Die Rückseite stellt den Leitsatz der Homöopathie in den Mittelpunkt und verweist auf die Stiftung der Medaille.

 

Carl Reinhard Krüger: Christian Friedrich Samuel Hahnemann, 1829, Gestiftet von Schülern und Freunden, Bronze, geprägt, Münzstätte Dresden, Dm 39,5 mm, Kulturstiftung Sachsen-Anhalt, Kunstmuseum Moritzburg Halle (Saale), Leihgabe der Stadt Bernburg, Foto: Kulturstiftung Sachsen-Anhalt, Ulf Dräger

 

Für weitere Medailleneditionen bot das 100-jährige Gründungsjubiläum der Homöopathie im Jahr 1890 einen geeigneten Anlass.

 

Prägeanstalt Adolf Schwerdt, Stuttgart: 100 Jahre Homöopathie, Mit Darstellung des Leipziger Hahnemann-Denkmals von Carl Steinhäuser (1813–1879), 1851 anlässlich einer Tagung des Homöopathischen Zentralvereins eingeweiht, 1890, Bronze, vergoldet, Dm 45 mm, Kulturstiftung Sachsen-Anhalt, Kunstmuseum Moritzburg Halle (Saale), Leihgabe der Stadt Bernburg, Foto: Kulturstiftung Sachsen-Anhalt, Ulf Dräger

 

Als Baustein für die Errichtung eines Denkmals in seiner Geburtsstadt Meißen gab die Staatliche Porzellanmanufaktur eine Erinnerungsmedaille im Jahr 1922 heraus.

Sie ist in Feinsteinzeug, dem Böttgersteinzeug, ausgeformt. Das für feingliedrige Arbeiten bestens geeignete Material wurde von Julius Heintze nach der Analyse der alten Rezepturen nach 1900 quasi neu entdeckt und unter der Direktion von Max Adolf Pfeiffer (1875–1957) im Jahr 1919 patentiert und für eine große Zahl an Medailleneditionen verwendet.

 

Staatliche Porzellan-Manufaktur Meissen: Christian Friedrich Samuel Hahnemann, Spendenmedaille für ein Hahnemann-Denkmal in Meißen, Ohne Jahr (1922), Böttgersteinzeug, Dm 42 mm, Kulturstiftung Sachsen-Anhalt, Kunstmuseum Moritzburg Halle (Saale), Leihgabe der Stadt Bernburg, Foto: Kulturstiftung Sachsen-Anhalt, Ulf Dräger

 

Diese kleinen Kunstwerke bezeugen die kontinuierliche Erinnerung an einen weltweit bedeutenden Mediziner, der seine Heilmethode hauptsächlich in Köthen formulierte.