17. Juli 2020
Zum 95. Todestag von
Lovis Corinth (1858–1925)
Zwischen Salon und Avantgarde
Lovis Corinth, der vor 95 Jahren, am 17. Juli 1925, verstorben ist, war ein deutscher Maler, Zeichner und Grafiker.
Ab 1876 besuchte Lovis Corinth die Kunstakademie in Königsberg, wechselte dann 1880 an die Münchner Kunstakademie und studierte im Anschluss von 1884 bis 1886 an der Académie Julian in Paris. Danach lebte und arbeitete er bis 1899 wieder in München, das damals eines der wichtigsten Kunstzentren Deutschlands war. Und dennoch zog Corinth auf Anraten seines Freundes Walter Leistikow (1865–1908) nach Berlin, nachdem die Jury der Münchner Secession seine Salome (1899) abwies. Freunde und Weggenossen, wie Leistikow, Max Liebermann (1847–1935), unterstützten Corinth. Der Künstler wurde in der Berliner Secession schnell „eine Kapazität“ (Corinth).
Ab 1908 beherrschte der Expressionismus mit der Künstlergruppe „Brücke“ die Bühne der deutschen Kunst und brach mit dem Akademismus der Zeit. Dagegen schien Corinths Werk zunächst etwas altmodisch zu sein.
Dennoch: Den einen war er mit der gewagten Neuinterpretation seiner Historienbilder zu bilderstürmerisch, den anderen nicht radikal genug, obwohl sein Spätwerk ab 1911 zunehmend expressionistisch geprägt ist. Corinth war also ein Rebell zwischen allen Stühlen.
Corinth griff zwar klassische Themen des 19. Jahrhunderts auf, in seiner Bildsprache jedoch war er seiner Zeit weit voraus. Er malte keine Staffagen, sondern zeigt lebensvolle Minidramen von nicht idealen, aber lebensvoll gezeichneten Alltagsmenschen. Nicht überall kam das gut an.
„Aber noch peinlicher ist es zu sehen, wie ein Meister, dem in seiner Art alles gelingt […] sich um Aufgaben bemüht, für die er nicht geboren ist […] Corinth […] will sie [die Göttinnen] durchaus malen, das heißt er zeigt uns Fräulein Müller, Herrn Schulze und den kleinen Meier in den Rollen der Olympier.“
(Gustav Pauli: Lovis Corinth, in: Kunst und Künstler, 16.Jg., Berlin 1918, S. 340 f.)
„
Das waren sehr ernste und kritische Begegnungen mit dem eigenen Ich, Begegnungen, die sich ins Tragische wendeten nachdem ein Schlaganfall ihn das metaphysische Grauen erleben ließ und er das Nichts gesehen hat.
“
Charlotte Berend-Corinth, in: Lovis, München 1958, S.18., zit. nach Joachim Heusinger von Waldegg: Tradition und Aktualität. Über Corinths Selbstbildnisse und einige andere Motive, in: Zdenek Felix (Hrsg): Lovis Corinth, .o. a.O., S. 60
Zu seiner gänzlich unheroischen Historienmalerei gesellen sich u. a. auch zahllose Zeichnungen, Radierungen und Gemälde, die Corinth als brillanten Selbstanalytiker zeigen.
1888 malte er ein erstes Selbstporträt, dem seit der Wende zum 20. Jahrhundert jährlich mindestens eines aus Anlass seines Geburtstags folgte.
Auch das Selbstporträt von 1909 aus der Sammlung des Kunstmuseums Moritzburg Halle (Saale) ist solch ein Geburtstagsbild, das den Künstler im Alter von 51 Jahren zeigt.
Die Rückseite einer Leinwand verdeckt die Wand des Berliner Ateliers. Die gelagerten Werke versperren den Tiefenraum. Nur die Staffelung der Bilder erzeugt trotz der Flächenhaftigkeit der Darstellung eine gewisse Raumtiefe. Der malende Künstler rückt dadurch in den Vordergrund.
Neben Repräsentation und kritischer Selbstbefragung steht das Selbstbildnis bei Corinth immer auch in Bezug zu seiner künstlerischen Arbeit. Corinth fixiert über die Jahre seinen künstlerischen Standpunkt und zieht so Bilanz. Seine Bilder sprechen aber auch vom Vergehen der Zeit, die ablesbar wird am Alterungsprozess des eigenen Gesichts.
Während der Zeit des Nationalsozialismus als „entartet“ verfemt, erfuhr Lovis Corinth später höchste Anerkennung. Vor allem im Osten Deutschlands orientierten sich in der Nachkriegszeit Künstler wie z. B. Willi Sitte (1921–2013) an seinem Werk. Lovis Corinth zählt heute neben Max Liebermann und Max Slevogt (1868–1932) zu den wichtigsten Vertretern des deutschen Impressionismus.
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