14. Oktober 2020

Oktober 1948 – Erstpräsentation der neuen Moderne-Sammlung des Museums

Die Geschichte des heutigen Kunstmuseums Moritzburg Halle (Saale) ist eine sehr wechselvolle. Am einschneidendsten und schmerzvollsten war unumstritten die Zeit des Nationalsozialismus und des Zweiten Weltkrieges. Heute berichten wir von den Anfängen direkt danach.

Schon kurz nach Ende des Zweiten Weltkrieges wurde in Halle (Saale) eine kulturelle Wiederbelebung angestrebt: Am 4. Juli 1945, zwei Tage nach Einzug der Roten Armee und der damit einhergehenden Unterstellung in die Sowjetische Militäradministration in Deutschland (SMAD), appellierte der Abteilungsleiter für Kultur und Zensur, Adolf Edelberg, an alle Kulturschaffenden Halles, wieder kulturelle Veranstaltungen jeder Art stattfinden zu lassen.

 

Für das Städtische Museum für Kunst und Kunstgewerbe, heute Kunstmuseum Moritzburg Halle (Saale), dessen Sammlung vor dem Krieg als eine der modernsten in Deutschland galt, war es unmöglich, an die Vorkriegszeit anzuknüpfen. Auch wenn das Gebäude den Krieg unbeschadet überstanden hatte, verlor das Museum 1937 durch die Aktion „Entartete Kunst“ nahezu den gesamten Bestand der Moderne: 61 Gemälde, 85 Aquarelle und Zeichnungen sowie ein Mosaik.

Erster bestellter Nachkriegsdirektor wurde im November 1947 Gerhard Händler (1906–1982). Er war bestrebt, die Lücke, die der nahezu vollständige Verlust der Sammlung der Moderne gerissen hatte, und die fehlenden Neuerwerbungen während der 12 Jahre repressiver Kunst- und Kulturpolitik unter nationalsozialistischer Schreckensherrschaft zu kaschieren. Händler bemühte sich, die verloren gegangenen Werke, deren Verbleib bekannt war, zurückzuerwerben, eine Maßnahme, die die Beigeordneten der Stadt bereits am 25. Juli 1945 beschlossen hatten. Zudem strebte er an, Arbeiten von Künstlern, die einst in der Sammlung vertreten waren, sowie zeitgenössische Werke zu erwerben. Schließlich suchte Händler Kontakt zu Künstlern und Sammlern, um mithilfe von Leihgaben wenigstens temporär wichtige Positionen präsentieren zu können.

 

Am 7. Oktober 1948 wurde das Kunstmuseum in der Moritzburg wiedereröffnet. Die Präsentation der Gemälde, Plastiken und Grafiken folgte überwiegend chronologischen Kriterien. In dem Begleitheft zur Eröffnung definiert Händler seine Herangehensweise als „von dem Gedanken getragen, die dem Museum zugefügten Schädigungen so weit wie möglich wettzumachen und darüber hinaus Wege zur Zukunft anzudeuten“. Händlers Bestreben war es, den Besucherinnen und Besuchern eine möglichst lückenlose Kunstgeschichte der ersten Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts präsentieren zu können und ihnen ein erkenntnis- und lehrreiches Kunsterlebnis in der Tradition seiner Vorgänger Max Sauerlandt (1880–1934) und Alois J. Schardt (1889–1955) zu ermöglichen.

Die erste Wiedereröffnung eines Museums moderner Kunst nach dem Krieg in der sowjetischen Besatzungszone wurde überregional wahrgenommen und als wichtiger Schritt in eine neue Zukunft begrüßt. Die Auswahl der präsentierten Werke und Anzahl der Neuzugänge brachten Händler große Anerkennung in Kollegen- wie Künstlerkreisen. Hingegen wird in politischen Reaktionen und journalistischen Rezensionen deutlich, in welche Richtung sich die Situation schon bald entwickeln sollte. Aber das ist ein weiteres Kapitel in der bewegten Geschichte des heutigen Landeskunstmuseums …