13. Juli 2020
Restaurierung des Rothenschirmbacher Altars
Teil I: Prolog
Der große Altar aus der Pankratius-Kirche in Rothenschirmbach (der Ort ist heute eingemeindet in Eisleben) wurde im Zusammenhang mit einem Kirchenneubau 1894 für 560 Mark von der Kirchgemeinde an das Provinzialmuseum und von dort 1917 zusammen mit anderen Werken mittelalterlicher Schnitzplastik an die Stadt Halle (Saale) für das damals städtische Kunstmuseum Moritzburg Halle (Saale) verkauft. Mit 4 Flügeln, 13 Figuren und 8 Szenen aus dem Leben Jesu und dem Marienleben sowie 2 ganzfigurigen Heiligendarstellungen gehört er zu den größten und prächtigsten im sächsisch-thüringischen Raum. Wenn zu Festtagen die inneren Flügel aufgeklappt wurden, waren der Mittelschrein und die Innenseiten der vorderen Flügel mit den geschnitzten Figuren sichtbar.
Heute ist er Teil unserer Sammlungspräsentation Sakrale Kunst vom Mittelalter bis Barock.
Weitere Informationen zur Sammlungspräsentation
Sakrale Kunst vom Mittelalter bis Barock
In dieser Ansicht steht Maria mit dem Jesuskind auf der Mondsichel im Zentrum, umgeben von den je zwei übereinander stehenden heiligen Jungfrauen Katharina, Margareta (links), Barbara und Dorothea (rechts) – den „vorzüglichen Jungfrauen“ (Virgines Capitales), die in Bayern volkstümlich auch „die vier heiligen Madln“ genannt werden.
In den Flügeln stehen je vier männliche Heilige: Jakobus der Ältere, Bernhard, Cyriakus und Laurentius im Flügel rechts vom Betrachter, links Andreas, Petrus, Johannes der Evangelist und ein Ritterheiliger, vielleicht Pankratius als Patron der Kirche.
Nach einer wechselvollen Aufstellungs- und Präsentationsgeschichte im 20. Jahrhundert bedarf der gesamte Altar einer umfassenden Restaurierung, die auf mehr als 100.000 Euro veranschlagt ist und von den Restauratorinnen Andrea Himpel, Halle (Saale), und Uta Matauschek, Dresden, mit ihrem Team ausgeführt wird. Sie festigen lose Stellen der Farbfassung und die Anstückungen, schließen Trockenrisse, nehmen alte Firnisüberzüge ab und reinigen alle Teile.
Am Ende wird nicht unbedingt ein in „neuem Glanz“ erstrahlender Altar stehen, vielmehr wird die kostbare alte Substanz, die ihre 500-jährige Geschichte in sich trägt, vor weiterem Schaden und Verfall bewahrt.
Darüber hinaus ist es das Ziel des Projektes, den Altar wieder mit allen vier Flügeln zu versehen, sodass er im Sinne seiner ursprünglichen Einbindung in die Liturgie des Kirchenjahres wieder wandelbar ist und wir unseren Besuchern die komplexe Funktion und den damit verbundenen Inhalt eines solchen Werkes verdeutlichen können.
Restaurierungen bieten die Gelegenheit, den alten Werken sehr nahe zu kommen. Details werden sichtbar, verborgene Vorzeichnungen, Aufbauten von Schichten – das „Making off“ wird deutlicher. Es stellen sich auch neue Fragen und Probleme – interessant und aufregend für die Beteiligten, Wissenschaftler, Restauratoren und Interessierte. Schon nach den ersten Arbeiten zeigte sich, dass zwei der Heiligen im linken Flügel vertauscht worden waren, und dass auch die Anordnung der Tafelgemälde überprüft werden muss.
Anfang Juni 2020 begann die Arbeit am Altar mit der Demontage der Flügel und der Figuren. Der leere Schrein und die Flügel werden direkt vor Ort, im Gotischen Gewölbe, unter der Leitung von Andrea Himpel restauriert. Besucher haben hier die seltene Gelegenheit, diese Arbeiten ganz aus der Nähe zu sehen.
Die abgenommenen Figuren liegen in Vitrinen und warten, bis sie Uta Matauschek mitnimmt in ihre Werkstatt – auch sie kann man sonst nicht aus dieser Nähe betrachten! Die ersten beiden Figuren sind heute aus der Dresdener Werkstatt zurückgekommen. Bis zur Wiederaufstellung an ihrem angestammten Platz werden auch sie in Vitrinen verwahrt.
In loser Folge erzählen wir in diesem Blog einiges von den Heiligen: ihre Geschichte bzw. Legende, ihre Schutzfunktion für die Gläubigen und interessante Einzelheiten zu ihrer jeweiligen Restaurierung, aber auch die wechselvolle Geschichte des Altars und die Restaurierung selbst stellen wir vor.
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Die Restaurierung wird ermöglicht dank der Unterstützung durch:
und private Spenden