Katharina Heise

Mit Katharina
tanzen gehen.


Anmutig, elegant und konzentriert vollführt die „Tänzerin“ ihre raumgreifende Bewegung. Obwohl aus massiver Bronze, wirkt die weibliche Akt-Figur aus dem Jahr 1922 nahezu schwerelos. Ihre Schöpferin Katharina Heise (1891–1964) war die Tochter eines wohlhabenden Landwirts aus Schönebeck bei Magdeburg. Zusammen mit ihrer älteren Schwester Annemarie (1886–1937) erstritt sie sich vom strengen Vater selbstbewusst eine Ausbildung jenseits von Haushaltsführung und Ehevorbereitung. In der großen Domstadt Magdeburg mit ihrer lebhaften Museen-Szene wurden sie vom Kunstfieber erfasst. Zwar wehrte sich der Vater nun erst recht gegen den „ungehörigen“ Willen seiner Töchter, ermöglichte ihnen ab den 1910er-Jahren aber trotzdem den Besuch von Damen-Malschulen in Magdeburg und Dresden sowie einen Studienaufenthalt in Paris.

 

Katharina Heise: Tänzerin, 1922, Bronze, 40 x 28,5 x 37 cm, Kulturstiftung Sachsen-Anhalt, Kunstmuseum Moritzburg Halle (Saale), Foto: Punctum/Bertram Kober © Nachlass Katharina Heise

 

„Moment mal: Damen-Malschulen“, wunderst du dich? Jawohl: Die großen Kunstakademien durften Frauen zu dieser Zeit höchstens als Modell betreten! Auch der Verkauf eigener Werke war für sie so gut wie unmöglich. Deshalb arbeitete Katharina Heise noch bis 1931 unter dem Pseudonym „Karl Luis Heinrich-Salze“ – zusammengesetzt aus den Vornamen von Vater und Großvater sowie der Kurzbezeichnung ihres Geburtsorts Groß Salze.

Gerade als die Schwestern 1914 noch einmal nach Paris reisen wollten, brach der Erste Weltkrieg aus. Zum Bleiben gezwungen, mieteten sie kurzerhand ein gemeinsames Atelier im Berliner Sigmundshof an. Diese Entscheidung erwies sich als Glücksgriff für ihre Karriere, denn das Atelier wurde schnell zum Treffpunkt von Kunstschaffenden und Intellektuellen. Während sich Annemarie auf die Malerei konzentrierte, wandte sich Katharina auf Empfehlung der Künstlerin Käthe Kollwitz (1867–1945) verstärkt der Bildhauerei zu. Auch Holzschnitte fertigte sie nun an, die z. B. in politisch linksgerichteten Zeitschriften wie „Die Aktion“ erschienen.

 

Katharina Heise: o. T. (Löwen), ohne Datierung, Holzschnitt, 178 x 101 mm, Kulturstiftung Sachsen-Anhalt, Kunstmuseum Moritzburg Halle (Saale), Foto: Kulturstiftung Sachsen-Anhalt © Nachlass Katharina Heise
Annemarie Heise: Mühle, um 1926 (?), Öl auf Leinwand, 69 x 48,5 cm, Kulturstiftung Sachsen-Anhalt, Kunstmuseum Moritzburg Halle (Saale), Foto: Punctum/Bertram Kober


Außerdem trat Katharina dem Berliner Frauenkunstverein bei, dem ältesten Berufsverband künstlerisch tätiger Frauen im deutschsprachigen Raum. Mit ihrer politischen Meinung hielt sie in diesen Jahren ebenso wenig hinter dem Berg wie mit ihrer künstlerischen Experimentierfreude – und das wurde ihr zum Verhängnis: Von den Nationalsozialisten wurde ihr Werk als „entartet“ bezeichnet und verboten. Nach dem Tod von Annemarie 1937 und dem unfreiwilligen Rückzug ins Private verdiente sich Katharina ihren Lebensunterhalt mit christlich geprägten Kleinplastiken sowie der Herstellung von Gebrauchskeramik. 

Hier erfährst du, in welchem Ausstellungsbereich die Werke der beiden Schwestern entdeckt werden können.